Zur chinesischen Chronologie und Dynastienkunde:

"Nach chinesischer Tradition ist die Zivilisation eine Schöpfung der weisen Urkaiser, bei denen es sich um ehemalige Gottheiten handelt, die das philosophische Zeitalter der ausgehenden Chou-Zeit unter Projizierung der zeitgenössischen staatlich-gesellschaftlichen Zustände in die Vergangenheit zu Herrschern umdeutete." Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, 1987.

"Der heutige Stand der Forschung kann dahingehend zusammengefaßt werden, daß wir erst mit der Dynastie Shang auf völlig historischem Boden stehen, also etwa von der Mitte des 2. Jt. v. Chr. an, während die Versuche, die "Urkaiser" als vollhistorisch zu betrachten, als gescheitert anzusehen sind. Noch Konfuzius kannte als älteste Herrscherfiguren nur die beiden Kaiser Yao und Shun. Aber um 100 v. Chr. konnte der Historiker ->Ssu-ma Ch'ien bereits mit einer Folge von "5 Kaisern" (wu-ti) aufwarten. (...) Vor diese Fünfzahl von Urkaisern hat dann die Pseudohistorie noch die "drei Erhabenen" (san-huang) gesetzt und auch ihnen Regierungsdaten zugewiesen. Der weitere, nunmehr vollhistorische Lauf der Geschichte wird stets als ein Abfall von ursprünglicher Vollkommenheit gesehen. So kommt es zu einer Epochenabfolge, die von den "Drei Erhabenen" über die "Fünf Kaiser" zu den "Drei Erbdynastien" (San-tai - d.h. den Dynastien Hsia, Shang und Chou) führt - die Herrscherbezeichnungen "Erhaben" (huang), "Kaiser" (ti) und "König" (wang, der Titel der Chou-Herrscher zumal) bedeuten auch den Historikern eine absinkende Qualität. Die eigene Zeit ist unvollkommen, das Paradies gehört der Vorzeit an." Fischer Weltgeschichte, Bd. 19, FFM 1968.

"Für die Zeit vor der Shang-Dynastie (...) nennt die chinesische Geschichtschreibung eine lückenlose Reihe von Herrschern, um deren Regierungszeit sich zahlreiche Legenden bildeten: (Liste der 9 legendären Kaiser) Nach den Berichten der späteren Geschichtsschreiber führten diese Herrscher den Ackerbau ein, entwässerten das Land durch Kanäle und begründeten die Kultur des Maulbeerbaums und die Zucht der Seidenraupe. Sie gewöhnten das Volk an häusliches und geselliges Zusammenleben, an die Ordnung der Ehe, Gehorsam gegen die Gesetze und Verehrung der Götter (...) Nach dem Befund der Archäologie können Ti Yao und Ti Shun lokale Machthaber, eine Art Häuptlinge gewesen sein, die zur Zeit der ausgehenden Lungshankultur lebten." Meyers illustrierte Weltgeschichte, Bd. 1, 1979.

Dazu einige Auszüge aus [8]:

"Am Anfang war das große Chaos, heißt es in der chin. Sage. Himmel und Erde waren wie das Weiße und Gelbe eines Eies. Der erste Mensch, P'an-ku, wurde geboren, und er schuf den Himmel und die Erde. P'an-ku selbst verwandelte sich neunmal am Tag. Jeden Tag wurde der Himmel um 10 Fuß höher, die Erde um 10 Fuß dicker und P'an-ku um 10 Fuß länger. Am Ende seines Lebens, das 18.000 Jahre währte, war der Himmel sehr hoch, die Erde sehr dick und P'an-ku sehr lang."

"Die "drei" Majestäten - Himmels-, Erd- und Menschenmajestät - sollen, wie die Volkssage behauptet, als Herrscher der Erde auf P'an-ku gefolgt sein. Himmelsmajestät hatte 12 Köpfe und herrschte 18.000 Jahre in den K'unlun-Bergen im Nordwesten Chinas. Diese Berge galten als die Säulen, die den Himmel trugen. Erdmajestät hatte ebenfalls 12 Köpfe und herrschte wiederum 18.000 Jahre in den Drachentor-Bergen, die wahrscheinlich in der Provinz Honan anzunehmen sind. Menschenmajestät hatte bloß 9 Köpfe und herrschte 45.600 Jahre in dem Land, das Hsing-Ma genannt wird, dem heutigen Szuch'uan."

"Die Herrschaft von Menschenmajestät bildet die erste der "Zehn Epochen". Außer den Namen der Herrscher wissen wir aber nur sehr wenig über diesen Zeitraum. In der 4. Epoche lebte ein Herrscher, der den sagenhaften "geflügelten Hirsch" zähmte, in der 5. einer, der das "geflügelte Einhorn", und in der 6. einer, der sechs Drachen zähmte. In der 7. Epoche lehrte ein Herrscher das Volk, sich mit Tierhäuten bekleiden, und ein Herrscher namens "Großes Nest" lehrte es [in der 8.], sich Wohnungen in den Zweigen der Bäume [zu] bauen."

"In der 9. Epoche hören wir von 3 Herrschern, um die sich viele volkstümliche Überlieferungen gebildet haben - T'ai-hao, der "Erhabenste Strahlenglanz" (oft auch auf Fu-hsi bezogen), die Königin Nü-kua und Shen-nung, der "Göttliche Landmann"."

"Die 10. Epoche beginnt mit der Geschichte des "Gelben Kaisers", der die Nachkommen des "Göttlichen Landmanns" besiegte. Er und seine Gemahlin sind berühmte Gestalten der chin. Sage, auf deren Tun und Scharfsinn viele Elemente der gesitteten Gesellschaft zurückgeführt werden. Der Kaiser wird sogar als der "Großvater der chin. Rasse" bezeichnet."

"Ihm wird die Erfindung des Kompaß zugeschrieben."

"Unter der Herrschaft des Gelben Kaisers entwickelten sich die Lebensformen ungemein. Häuser, Paläste und Tempel wurden gebaut, der Boden vermessen und das Land in Provinzen und Distrikte eingeteilt. Die Kaiserin züchtete als erste in China den Seidenwurm und lehrte ihr Volk Seide spinnen und seidene Kleider anfertigen (...) Einer seiner Beamten erfand eine frühe Form der Schrift, ein anderer machte den ersten Kalender. Münzen wurden eingeführt, Boote, Wagen und Lasttiere verwendet."

"Der Gelbe Kaiser war vielleicht eine historische Figur; wahrscheinlich ist es aber, daß er die Personifizierung eines sich über ein paar Jahrhunderte erstreckenden Zeitraumes ist, in dem viele Grundlagen der heutigen chin. Kultur gelegt wurden. Die beiden Herrscher, die auf ihn folgen, sind Yao und Shun, die zutiefst verehrt werden. Obgleich ihre Existenz bisher von der wissenschaftlichen Forschung nicht erwiesen wurde, dürfte es sich dennoch um Personen handeln, die einmal wirklich gelebt haben."